Die Berechnung des Kelly-Kriteriums beinhaltet zwei wesentliche Faktoren: die Gewinnwahrscheinlichkeit und das Gewinn-Verlust-Verhältnis der Trading-Strategie. Die Gewinnwahrscheinlichkeit (P) wird als Quotient der Gesamtzahl der gewonnenen Trades und der Gesamtzahl aller Trades berechnet. Das Gewinn-Verlust-Verhältnis (R) ist das Verhältnis der gesamten Trading-Gewinne zu den gesamten Trading-Verlusten.
Die Kelly-Formel lautet:
Kelly % = P – [(1 – P) : R]
Als Beispiel, nehmen wir an, man hat 40 aus 100 Trades gewonnen und das Gesamtgewinn liegt bei €6.000, während die Gesamtverluste €2.000 betragen. Das ergibt eine Gewinnwahrscheinlichkeit (P) von 0,4 und ein Gewinn-Verlust-Verhältnis (R) von 3. Setzt man diese Werte in die Kelly-Formel ein, erhält man einen Kelly-Prozentsatz von 20 %. Das bedeutet, dass maximal 20% des Trading-Kapitals in einem Trade riskiert werden können.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass das Kelly-Kriterium als Richtwert und nicht als absolute Regel dient. Bei allen Entscheidungen in Bezug auf die Positionierung und das Risikomanagement sollte stets ein vorab festgelegtes Höchstrisiko beachtet werden. Wenn das Kelly-Kriterium ein höheres Risiko nahelegt als das persönliche Risikotoleranzlevel, sollte dieses ignoriert und stattdessen das persönliche Risikolevel beibehalten werden. Dies ist besonders wichtig, um das Portfolio vor nicht gewollten Verlusten zu schützen.
Beim Risikomanagement auf Einzelpositionsebene und der damit üblicherweise verbundene Risikoparametrisierung kann der Kelly-Wert als Richtwert in die Überlegungen einbezogen werden. Bei Handelsstrategien, die sich durch eine hohe Frequenz und kurze Haltedauer auszeichnen, sollte der Kelly-Kriterium mit Bedacht angewendet werden. Hie können ungewollte aufeinanderfolgende Verlustserien das zur Verfügung stehende Kapital überproportional schnell abschmelzen lassen. Bei konservativen, eher auf mittel- bis langfristige Zeithorizonte ausgelegte Investments, ist es ein guter Indikator, um das Portfolio zu diversifizieren und Kapital für spezifische Vermögenswerte aufzuwenden.
Grundsätzlich sollte das Kelly-Kriterium nicht als alleinige Methode zur Bestimmung der Positionsgröße und Risikotoleranz angewendet werden. Unabhängig von Formeln und Berechnungsmethoden sollte immer ein vom Trader bezogen auf die Einzeltransaktion maximal-tolerierbares Risiko festgelegt und eingehalten werden. Wenn der Kelly-Wert beispielsweise eine Risikotoleranz von 50% vorschlägt, der eigene Risikoappetit jedoch deutlich darunter liegt, sollte der konservativere Ansatz für das Risikomanagement gelten.